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"Dass ein Benutzer nun immer ein passendes freies Programm findet, ist nicht sehr wahrscheinlich; wahrscheinlicher ist aber, daß ein bestimmtes Programm einen Benutzer findet, der nun ein wenig mehr braucht als bisher schon da ist."


Was soll das bezahlen?

Man bekommt nichts geschenkt. Wir alle wissen das. Schon kleinen Kindern bringt man bei, dass sie bei Angeboten "für umsonst" vorsichtig sein müssen und dass alle nur unser Bestes wollen, nämlich unser Geld. Wie kann es dann sein, dass jemand Software einfach so hergibt? Und es stellt sich die Frage, wie er dann die Kosten wieder herein bekommt, warum er das macht und wann, wie und warum bezahle ich dann letzendlich doch dafür? Die meisten Leute finden es beunruhigend, dass sie auf diese Fragen auf die schnelle keine Antwort finden. Es muss doch einen Haken geben und es gibt ihn...

Um zu verstehen, wie der Businessplan von Freier Software funktioniert, sollte man wissen, wie proprietäre Software produziert wird: Eine Firma stellt fest, dass es einen Bedarf an einer bestimmten Software gibt und beschließt, eine solche Software zu schreiben. Dazu beschafft sie sich das nötige Kapital und bezahlt damit einige Programmierer (und noch ein paar andere Leute), die dann das Programm entwickeln. Wenn das Programm fertig ist, wird es an die Kunden verkauft - naja eigentlich wird nicht das Programm verkauft, sondern Lizenzen, es benutzen zu dürfen. Das Programm wird auch nicht erst verkauft, wenn es fertig ist, sondern schon davor und dann immer wieder, sobald ein neues Stückchen fertig ist. Wenn man keine Konkurenz hat, kann man von seinen Kunden fast so viel verlangen, wie die dafür bräuchten, sich so ein Programm selber zu schreiben - oder aber zumindest fast so viel, wie die Kunden mit diesem Programm Geld verdienen könnten. Der Preis ist dabei erfreulicherweise völlig unabhängig von den eigenen Herstellungskosten, die ja nur einmal anfallen, während das fertige Programm beliebig oft verkauft werden kann. Wenn es aber fairen Wettbewerb gibt, kann man nur so viel verlangen, wie die Mitbewerber auch - d.h. kostendeckend plus den branchenüblichen Gewinn. Zum Glück gibt es zwei Faktoren, die den Wettbewerb einschränken:

  1. Lock in (englisch: einschließen) - wann immer man ein Programm mit neuen Features schreibt, will man diese meist auch abspeichern. Dazu sind die bisherigen Datenformate nicht in der Lage. Deshalb braucht man ein eigenes, das von keinem anderen Programm (richtig) gelesen werden kann. Deshalb ist es für die Benutzer schwierig, das Programm zu wechseln. Dazu braucht es noch gar keine bösen Absichten des Programmautors, denn portable Dateiformate sind in der Regel schwierig zu erstellen. Dadurch hat man die Daten des Benutzers als Geisel "eingeschlossen".
  2. Wenn es zwei Hersteller von weitgehend gleichen Programmen gibt, müssen beide die gleiche Entwicklungsarbeit aufwenden, das verbreitetere Programm wirft (bei gleichem Preis) aber die deutlich höheren Einnahmen ab. Klar, dass da die Konkurenz nicht lange mithalten kann.

Warum machen nun die Kunden dieses Spiel mit? Nun, die Alternative, die Software selber zu entwickeln (das kommt auch vor) oder entwickeln zu lassen, ist meist zu teuer, da man dann alle Enwicklungskosten selber tragen müsste und sie nicht auf andere Nutzer verteilen kann.

Die Entwicklung Freier Software funktioniert nun ganz anders. Hier kann nicht Geld investiert werden, das nachher wieder von den Benutzern eingetrieben werden kann (Ausnahmen bestätigen die Regel). Der Beginn Freier Software liegt in der Feststellung, dass man selbst Software braucht. Wenn man sich nicht den Bedingungen proprietärer Software unterwerfen will, oder es die benötigte Software gar nicht zu kaufen gibt, bleibt einem nichts anderes übrig, als die Software selbst zu schreiben, oder ein freies Programm für die eigenen Bedürfnisse zu erweitern. Warum sollte nun jemand diese Programme "frei"geben anstatt sie selbst teuer zu verkaufen? Dafür gibt es eine ganze Reihe Gründe - hier seien mal nur ein paar aufgelistet:

Der rationalste und vielleicht auch wichtigste Grund ist jedoch das Auslagern der Weiterentwicklung und Pflege an andere Mitnutzer. Über 90% des Aufwands im Leben eines Programms entstehen bei der Wartung (also dem weiteren Anpassen, Fehlersuchen, Erweitern). Diesen Aufwand kann man auf die Benutzer verteilen. Die Weiterentwicklung von Software kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ein Programm, das nicht mehr weiterentwickelt wird, ist praktisch schon tot. Nun, wie funktioniert diese Weiterentwicklung? Alles beginnt mit dem Bedürfnis nach mehr - Features, Bugfixes, ... was auch immer. Jeder kann sich nun überlegen, ob es für ihn günstiger ist, ein proprietäres Programm zu lizenzieren, ein eigenes Programm zu entwickeln oder ein bestehendes freies Programm zu erweitern. Dass ein Benutzer nun immer ein passendes freies Programm findet, ist nicht sehr wahrscheinlich; wahrscheinlicher ist aber, dass ein bestimmtes Programm einen Benutzer findet, der nur ein wenig mehr braucht als bisher schon da ist. Dieser Benutzer kann nun mit einem sehr guten Kosten/Nutzen-Verhältnis sein optimales Programm bekommen. Dadurch ist es möglich, dass Freie Software Stück für Stück wächst.

Zurück zur Anfangsfrage: Wann muss ich für die ganze Freie Software bezahlen, die ich benutze?

Die Antwort lautet: Dann, wenn ich etwas brauche, was noch nicht da ist; dann, wenn die Software noch Fehler hat, mit denen ich nicht leben will oder kann. Dann muss man sich selbst helfen und seinen Teil zum Ganzen beitragen - oder warten bis es ein anderer tut.

FlorianFesti/Wer soll das bezahlen? (zuletzt geändert am 2010-05-06 09:16:46 durch 220)