Warum sollte eine Firma, die ein selbst benötigtes Programm in Eigenregie entwirft, eine offene Lizenz (wie die GPL) einer proprietären vorziehen? "Eigentlich" wäre es doch nur logisch, die Software kommerziell zu vermarkten, wenn sie gut ist - und wenn sie ihren Job tut, warum sollte man der Konkurrenz die Gelegenheit geben, sie auch zu benutzen?

Dafür gibt es eine ganze Reihe Argumente. Zum Beispiel Support: Wenn derjenige, der die Software, geschrieben hat, die Firma irgendwann verläßt, und es ein geschlossenes Projekt war, wird er nicht sehr viel Wert darauf gelegt haben, daß sein Programm von anderen weiterentwickelt werden kann - im Gegenteil, er wird höchstwahrscheinlich Code geschrieben haben, den KEIN Anderer sofort begreift; denn schließlich ist es ja SEIN Projekt - SEINE Jobabsicherung.

Es ist also unheimlich schwer, für ein closed source Projekt einen neuen Maintainer zu finden, ganz einfach weil der Code nie dazu ausgelegt war, von jemand anders gelesen zu werden.

Ein Open Source Projekt animiert den Entwickler (falls er natürlich die Idee dahinter unterstützt -- meistens sind es allerdings diejenigen, die am wenigsten Ahnung haben, die das dann entscheiden) also dazu, sein Projekt als Gemeinschaftsprojekt und nicht als "Meins, meins, alles meins!!" auszulegen und zu entwerfen.

Wenn es denn jemand weitermachen soll, muß man zusätzlich auch Dokumentationen schreiben. Bei einem closed source ein-bis-drei-Mann Projekt ist das quasi überflüssig, denn die Entwickler sind vor Ort und Entwickler schreiben selber fürchterlich ungerne Dokumentationen. Ein Open Source Entwickler wird sich aber darum bemühen (müssen), daß alle sein Programm benutzen können -- sich also auch um Dokumentationen kümmern. Er muß sie in vielen Fällen noch nicht einmal selbst schreiben, denn es wird sich bestimmt jemand außerhalb der Firma finden, der das Programm so gut findet, daß er etwas dazusteuern will und dem Programmierer mit dem Erstellen der Dokumentation unter die Arme greift.

Ein Programm, das von fünf bis fünfzig Leuten innerhalb der Firma benutzt wird, die damit "nur ihre Arbeit erledigen" wollen, WIRD per Definition nicht Ägetestet, bzw. die Meckereien, die zurückkommen, sind meist nicht als Bugreport zum sinnvollen Debugging geeignet. Wenn aber einige (womöglich -zig)tausend Leute weltweit das ausprobieren, ist die Chance auf eine relativ saubere Codebasis ziemlich gut. Außerdem erhöht die Verteilung die Chance, daß sich für den Entwickler ein Nachfolger findet, der sich dann schon mit dem Programm auskennt - und vielleicht ja sogar von der Firma übernommen werden kann, wenn die Software weiter gepflegt werden soll.

Fazit:

Es ist also fast schon eher für die Firma als für die Entwickler sehr vorteilhaft, für eigene Entwicklungen Open Source als Lizenzmodell vorzuziehen. Außerdem sollte man sich mal anschauen, was man für Software wie Linux, Squid, Apache, Sendmail & Co an Geld gespart hat, wenn man kommerzielle Alternativen benutzt hätte, und überlege sich dann bitte, ob es nicht mal an der Zeit ist, etwas an die Gemeinde zurückzugeben.

Und sei es nur ein Stück Code zum Rumprobieren.


Das ist ja alles gut und schön, aber es geht davon aus, dass für dieses Programm nur frei verfügbare Sourcen verwendet wurden oder es komplett neu geschrieben wurde. Welche professionelle Softwarefirma bzw. welcher Programmierer macht das? Normalerweise wird man für ein intern benutztes Tool soviel an existierenden Bibliotheken benutzen wie möglich, denn wozu sollte man sich die zusätzliche Arbeit machen? Also natürlich auch proprietären Code, sowohl eigenen als auch gekauften. Und schwupps ist damit die Möglichkeit einer offenen Lizenz gestorben -- twm

Tja, shit happens ;) Aber man kann es zumindest versuchen und wenn man auch mal was neues anfängt, kann man durchaus auch das komplett auf Basis freier Software machen und auch als freie Software dann verfügbar machen. Mit irgendwelchen Altlasten hast immer Probleme, sei es mit der Lizenz, sei es mit der Codequalität, sei es mit dem Programmierer, den es nicht mehr in der Firma gibt... -- ThomasWaldmann 2002-11-02 12:29:11

Existierende (gute) Bibliotheken als Altlasten zu bezeichnen halte ich fuer ziemlich gewagt. Insbesondere sind sie keine Lasten, wenn man ein neues Projekt anfaengt sondern von Vorteil, denn wieso sollte man das Rad jedesmal neu erfinden? Und warum sollte man ein Programm nicht darauf basieren lassen? Nur weil man es dann nicht unter eine offene Lizenz stellen kann? Soviel Enthusiasmus bringe zumindest ich nicht auf, ich will meine Arbeit erledigen und nicht zum Wohltaeter der Menschheit werden. Und welcher Arbeitgeber haette dafuer Verstaendnis, dass man mehr Zeit als notwendig auf ein solches Projekt verwendet, damit man es open sourcen kann? Der muesste mir erst noch begegnen. In meiner Freizeit sieht das evtl. anders aus. -- twm

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